Wittlich kann wohl auf eine mindestens 800-jährige Gerichtsgeschichte zurückblicken. Es waren die erzbischöflichen Vögte, die zuerst in Wittlich Gerichtsbarkeit ausübten. Daneben wirkten gewählte Schöffen in der Rechtspflege. Es ist eine Ordnung des Wittlicher Hochgerichts aus dem Jahre 1444 erhalten, in der geregelt ist, wie bei "Habhaftmachung eines Missetäters" zu verfahren ist.
Was das Amtsgericht Wittlich anbelangt, so kann gesagt werden, dass es seit 1796 besteht. In diesem Jahre gab es zwar noch nicht das heutige Amtsgericht. Damals wurde aber das inzwischen von der französischen Regierung geschaffene Saar-Departement in 34 Kanton- und Friedensgerichtsbezirke eingeteilt, wozu auch Wittlich (hier außerdem Manderscheid) gehörte und an denen Richter wirkten.
Über die Bildung des Friedensgerichts ist folgendes im Gerichts- und Schöffenprotokollbuch der Stadt Wittlich vermerkt:
"Actum Witlich am 15ten Brumaire 5ten Jahrs der F(ranzösischen) R(epublik) oder 5ten November 1796
In Gefolg des gefassten Schlußes des Französischen Directoriums vom 15ten fructidor 4ten Jahrs¹, und des darauf erlaßenen arrêté des Regierungs Commissair Haupt Directoren der eroberten Ländern zwischen Maaß und Rhein B(ürger) Bella vom 17ten Vendémiaire 5ten Jahrs², welches bestimmt, daß alle Justiz Beamten suspendiret, und an deren Stelle ein Friedens Richter, 2 Beisitzer, und ein Secretaire in jedem Kanton durch die Mehrheit der Wallstimmen, unter denen in bemeldetem arrêté³ erwähnten Beschränkungen erwählt werden sollen, haben sich unterzeichnete Bürger Weis, Maire und Praesident der Wahl Versammlung, Haart, Einnehmer des Kantons Witlich, und die von der Municipalitaet Witlich zu dieser auswahl bestimte Deputirte B(ürger) Leisen, Simon, Jacob Musweiler jun., und Gotthard Keucker, dan der zur aufzeichnung deren gegebener Stimmen beigeladene geschworene Notarius Marstadt auf das hiesige Rathhauß begeben, allwo sich kraft mehr ermeldetem arrêté, und auf besonders erlaßene Circulare die Deputirte aus allen hiesigen Kantons-Ortschaften nach geschehenem Klokenschall versamlet haben.
Nachdem der Praesident der Wahl Versammlung den schluß des vollziehenden Directoriums, und jenen des Regierungs Commissaire Bürger Bella der ganzen Versammlung deutlich vorgeleßen, und erkläret, wurde vorgeschriebener maßen zu der Wahl, und Stimmen samlung geschritten und die eines jeden Orts in separatum eingegebene schriftliche Stimmen öffentlich verleßen und aufgezeichnet, woraus erhellet, daß als Friedens Richter der vorherige B(ürger) Fischer mit 13 übertreffenden Stimmen, dann als Beisitzer die Bürger Leisen, und Weis, ersterer mit 9 und lezterer mit 5 überzehlenden Stimmen einstimmig ernannt, und von dem ganzen Canton zu diesen Stellen am taugligsten und würdigsten geachtet worden.
Die Anordnung eines Friedensgericht Secretaires wurde von allen Cantons Ortschaften einstimmig dem neu erwählten Friedens Richtern überlaßen.
Dieser nach vorher gegangener Beirufung erklärte zum Protokoll, daß Er seinen bisherigen Secretaire Hensch wegen dessen ihm bekannten gut-Eigenschaften beibehalten wolle.
Gegenwärtiger act solle mit Unterschriften dem hiesigen Municipalitaets Protocoll einverleibet, vorgeschriebener maßen beglaubter auszug der General Direction zur Bestättigung vorgelegt werden.
Actum witlich wie oben
Simon Weis
in Beyseyn Zur Beglaubigung unterschr(ieben)
Haart, Einnehmer J.G. Marstadt öffentlicher
Gotthard Keucker und geschworener Notair eigenh(ändig)
Jacobus Musweiller junior"
¹ 1. Sept. 1795
² 8. Okt. 1796
³ arrêté, d.h. Beschluß, Erlaß
Das Kantongericht Wittlich blieb auch bei Bildung des Landgerichts Trier im Jahre 1820 bestehen und ging in das durch die Reichsjustizgesetze von 1877 geschaffene Amtsgericht über.
Während vieler Jahrzehnte wurde die Wittlicher Gerichtsbarkeit in dem ursprünglich zum Schloss Philippsfreude gehörenden Marstall- und Kellnereigebäude in der Stadtmitte ausgeübt. Das Schloss mit seinen Nebengebäuden wurde durch den Trierer Kurfürsten errichtet. Bereits zu kurfürstlichen Zeiten wurden in dem dort befindlichen Kreissaal von Schultheis und Gerichtsschöffen Gerichtssitzungen abgehalten. Nach der Säkularisation ging das Anwesen in das Eigentum der Stadt Wittlich über. Das Friedensgericht tagte inzwischen in einem an der Wittlicher Karrstraße gelegenen Haus. Im Jahre 1878 mietete der Preussische Justizfiskus das ehemalige, inzwischen um ein Stockwerk erhöhte Kellnerei- und Marstallgebäude an, und richtete es als Amtsgericht ein.
Obwohl seine Räumlichkeiten nur noch notdürftig ausreichten und das Bauwerk im 2. Weltkrieg erheblichen Schaden erlitten hatte, wurde es bis zum Jahre 1954 weiterhin als Amtsgerichtsgebäude genutzt.
1954 Jahre verkaufte die Stadt Wittlich als zwischenzeitliche Eigentümerin des ehemaligen Amtsgerichtsgebäudes das Objekt an die Kreissparkasse Wittlich, die es abriss um an gleicher Stelle das Hauptgebäude der Sparkasse zu errichten. Das Amtsgericht Wittlich war von 1954 bis zum Jahre 1957 Mieter in den Gebäuden "Römerstraße 28" (ehemals Hotel Römertor) und "Zum Gänswieschen 2a". Die Sitzungen fanden in dieser Zeit in den Sitzungssälen des Rathauses der Stadt Wittlich statt.
Der Grundstein zum Neubau des jetzigen Amtsgerichtsgebäudes wurde am 26.07.1956 gelegt. Am 01.07.1957 wurde dieses Gebäude seiner Bestimmung übergeben und von August 1998 bis Ende 2002 vollständig saniert.